Ist dir das auch schon einmal passiert? Du hast einen Auftrag angenommen und kommst einfach nicht weiter? Du merkst, dass dein Thema viel komplizierter ist, als du zunächst dachtest? Das ist nicht optimal, aber es passiert. Ich sage dir, was du nun tun kannst.

Idealerweise kennst du dich mit den Themen aus, über die du schreibst. Aber vielleicht klang der Auftrag spannend, du brauchst gerade dringend das Geld oder du hast unterschätzt, wie komplex das Thema ist. 
Außerdem gibt es in jedem Bereich Nischen. Selbst wenn du fit in Biologie bist und erklären kannst, wie mRNA-Impfstoffe funktionieren, heißt das noch lange nicht, dass du auch darüber Bescheid weißt, wie sich die chemische Zusammensetzung des Körpergeruchs von Vögeln in der Brutzeit verändert – um mal ein Beispiel zu nennen, mit dem ich zuletzt zu tun hatte. Was also kannst du jetzt tun?

1. Zurück zur Neugier, weg von der Angst

Wenn du dich bei der Recherche zu einem Thema blockiert fühlst und eine Schreibblockade entwickelst, liegt das wahrscheinlich daran, dass du Angst hast. Du möchtest nicht versagen – und deshalb fängst du lieber erst gar nicht an und schiebst die Arbeit immer weiter heraus, bis die Deadline so richtig drückt. Und dann ist das Risiko tatsächlich hoch, dass du in Stress gerätst und einen schlechten Text abgibst. 

Mach es lieber anders. Zurück zum Anfang: Warum hast du den Auftrag angenommen? Idealerweise hat er dich neugierig gemacht. Jetzt geht es darum, dir dieses Gefühl zurückzuerobern. 

Falls du gar nicht neugierig auf das Thema warst, finde ich das schade. Bei mir sind die Neugier und die Freude, immer wieder etwas Neues lernen zu dürfen, nämlich ein großer Teil dessen, warum ich meine Arbeit liebe. Frage dich also: Was könnte dich an dem Thema interessieren? Was könnte spannend sein? Was könntest du lernen? Und damit sind wir auch schon bei Punkt 2:

2. Formuliere deine Fragen an das Thema

Welche Fragen stellst du dir selbst zu dem Thema? Beispiel Körpergeruch bei Vögeln: Wie riechen die eigentlich? Können Vögel sich wechselseitig riechen (lange Zeit dachte man nämlich, dass Vögel keinen Geruchssinn haben)? Und welchen Sinn könnte es haben, wenn ihr Körpergeruch sich verändert? (Falls dir keine gar keine Fragen einfallen sollten, dann kannst du dich für den Einstieg ins Thema immer noch an den klassischen W-Fragen orientieren – du weißt schon: was, wer, wo, wann, wie und warum).

Und schon hast du eine ganze Reihe von Fragen, die du abarbeiten kannst. Die Chance ist groß, dass deine Zielgruppe sich dieselben Fragen stellt. Wenn es dir gelingt, diese in deinem Text schlüssig zu beantworten, hast du schon einmal einen großen Teil der Arbeit geschafft.

3. Fange beim kleinsten bekannten Aspekt an und arbeite dich weiter vor

Um über dein Thema zu schreiben und deine Fragen zu beantworten, brauchst du Informationen. Bei schwierigen Themen rate ich dazu, so kleinschrittig wie möglich vorzugehen, um ein Grundverständnis zu entwickeln und dich zu orientieren. Wo stehst du – und was fehlt dir noch? 

Ich frage mich dann zum Beispiel:

  • Was weiß ich über das Thema grundsätzlich?
  • Gibt es verwandte Themengebiete, in denen ich mich sehr gut auskenne? Lässt sich das Wissen auf diesen speziellen Fall übertragen?
  • Was verstehe ich, was ist mir unklar?

4. Such dir einfache Informationen und arbeite dich vor

Okay, du hast also festgestellt, dass du einige Lücken hast, die du erst einmal füllen musst, bevor du überhaupt nur ans Schreiben denken kannst. Ups – aber auch das kann durchaus einmal passieren.

Ich gehe dann gern einen Weg, der sich auf den ersten Blick vielleicht simpel anhören mag, der aber hocheffektiv ist: Ich schaue, ob das Thema irgendwo für Kinder erklärt worden ist – sei es in einem Youtube-Video, als Beitrag in einem Online-Kinderlexikon oder vielleicht in einem Podcast. 

Diese Informationen helfen sehr dabei, ein Grundverständnis zu bekommen. Danach, wenn du die Grundlagen verstanden hast, geht es weiter. Nun suchst du beispielsweise nach Studien oder Fachartikeln, um dich weiter einzulesen und zu erfahren, welche Fragestellungen, Probleme oder Lösungen es gibt – sprich: was der aktuelle Stand zu diesem Thema ist.

5. Könntest du das Thema einem Kind erklären?

Ich versuche an diesem Punkt, mir den Inhalt so einfach wie möglich selbst zu erzählen. Du kannst dir dafür vorstellen, dass du einem Kind erklärst, wieso und inwiefern sich der Körpergeruch von Vögeln verändert, um mein Beispiel aufzugreifen. Du weißt schon, Sendung mit der Maus und so.

Dadurch merkst du tatsächlich, ob du wirklich alles verstanden hast. Man kann etwas nämlich nur dann einfach erklären, wenn man es vollständig begriffen hat – ansonsten wirst du dich schnell dabei ertappen, dich in abstrakte Formulierungen und Fachbegriffe zu flüchten. Das ist ein Zeichen dafür, dass deine Recherche noch nicht abgeschlossen ist.

6. Keine Angst vor Expert*innen

Je nachdem, welches Format dein Artikel hat, kann es notwendig und sinnvoll sein, dafür Expert*innenstimmen einzuholen. Bei einem journalistischen Artikel kannst du davon ausgehen, auch jede Pressemitteilung gewinnt durch passende Zitate. Will ein Unternehmen einen Artikel für seine Website, einen Blog oder eine Broschüre, geht es oft auch ohne Zitate.

Nutze den Kontakt zu Fachleuten, um offene Fragen zu klären. Es ist allerdings eine schlechte Idee, mit der Erwartung an sie heranzutreten, dass sie dir ALLES beantworten. Um es einmal platt zu sagen: Wenn ich mit der Frage einsteigen würde, was eigentlich ein Vogel ist, könnte es sein, dass mein Interviewpartner sehr schlechte Laune bekommt oder meine Expertin gar keine Lust hat, mir später noch tiefergehend zu antworten.

Deshalb: Auch wenn es verlockend sein kann, Fragen auszulagern – bereite dich auf solche Gespräche gründlich vor. Immer. Dein Artikel wird nicht nur besser, wenn du die passenden Fragen stellst – oft sieht man sich im Leben tatsächlich zweimal und es kann deine Recherchen in Zukunft sehr erleichtern, wenn du bereits Fachleute in einem bestimmten Gebiet kennst, die du für andere Themen erneut kontaktieren kannst.

Und hier verrate ich dir noch meine Tipps, die für alle Recherchen gelten:

  • Orientiere dich an deiner Zielgruppe

Für wen schreibst du den Text? Wie tief musst du dafür in das Thema einsteigen? Wenn er sich an ein wissenschaftliches Fachpublikum richtet, ist das natürlich eine andere Herausforderung, als wenn du für die breite Allgemeinheit schreibst – was im Alltag meistens eher der Fall sein wird. Damit nimmst du dir den Druck, eine wissenschaftliche Abhandlung zu verfassen – und du kannst wieder mit mehr Leichtigkeit recherchieren und schreiben.

  • Mach dir einen Zeitplan

Wann solltest du eigentlich mit der Recherche beginnen? Am besten so schnell wie möglich. Bei mir hängt es stark vom Thema ab, aber grob geschätzt würde ich sagen, dass der zeitliche Anteil bei den meisten Aufträgen für die Recherche am höchsten ist. Er macht etwa 50 bis 60 Prozent der Zeit aus, die ich an einem Auftrag arbeite. Weitere zehn Prozent der Zeit plane ich für die Kommunikation mit Expert*innen ein – und die verbleibenden 30 bis 40 Prozent dafür, den Text zu schreiben. 

  • Lerne mehr über das Recherchieren

Und noch etwas: Ich rate dir sehr dazu, ein Rechercheseminar zu besuchen. Ich bin beispielsweise Mitglied im Verein Netzwerk Recherche und habe dort viele nützliche Tools kennengelernt. In Seminaren zum Recherchieren lernst du nicht nur, wie du an Informationen gelangst, sondern auch, was deine Rechte (und Pflichten) sind und wie du mit Quellen umgehst. 

Oft bekommst du dort auch Einblicke, wie du Informationen verifizieren kannst. Das ist nicht für alle Themen relevant, aber wenn du journalistisch arbeitest, profitierst du sehr davon, wenn du weißt, wie du die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit von Informationen bewerten kannst. Und auch auf die Gefahr hin, dass das jetzt womöglich nicht ganz professionell klingt: Manchmal denke ich dabei an die Geschichten der Drei Fragezeichen, die in ihren Fällen kleinsten Hinweisen nachgehen und am Ende alles zusammenpuzzeln – und das finde ich dann richtig spannend.

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